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Tablets only: Das Smartphone stirbt aus

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Hersteller wollen Smartphones, Tablets und Phablets langfristig unter einer einzigen Kategorie zusammenfassen. Nur um das zu erreichen, müssten sie das Einhand-Smartphone eigentlich nicht aussterben lassen. Doch dahin geht unzweifelhaft der Trend.

Google Nexus 9 und Nexus 6. Das "Kleine" im Vordergrund hat schon einen 6-Zoll-Screen.

Google Nexus 9 und Nexus 6. Das “Kleine” im Vordergrund hat schon einen 6-Zoll-Screen.

HTC hat jüngst den Vogel abgeschossen. Das Desire 820 Mini des taiwanischen IT-Herstellers hat ein 5,0-Zoll-Display, ist kaum mit einer Hand zu bedienen, soll aber trotzdem als Mini-Smartphone herhalten – weil es ein wenig kleiner ist als das 5,5 Zoll große Desire 820. “Normale” Smartphones, so der Gedanke der Hersteller, haben heute also 5-Zoll-Displays und mehr.

Smartphones sind sie damit eigentlich nicht mehr. Es liegt in der Definition des Anbieters, doch alles, was sich nicht mehr mit einer Hand bedienen lässt, müsste aus Gründen der Abgrenzung eigentlich in die Kategorie Tablet fallen. Lediglich die Bauweise variiert und gaukelt dem Nutzer zwischen 5,0 und 7,0 Zoll ein Smartphone vor, zwei Hände oder zumindest einen Stylus braucht man für die Bedienung aber eigentlich immer. Wenn nun aber bald alles mindestens 5,0 Zoll groß ist, wozu braucht es dann eigentlich noch unterschiedliche Kategorien?

Mit der Begründung, die perfekte Display-Größe gefunden zu haben, hatte Apple vor zwei Jahren das iPhone 5 ein wenig größer gemacht: 4,0 Zoll seien die optimale Länge, um das Gerät mit einer Hand zu bedienen, sagte der Konzern in einem Video und nannte das sogar “gesunden Menschenverstand”:

Schaut man sich die heutigen Smartphone-Spitzenmodelle an, dann hat dieser Verstand wohl ausgesetzt, auch bei Apple selbst. Als Beispiele: HTC One M8 (5,0 Zoll), LG G3 (5,5), Sony Xperia Z3 (5,2), Samsung Galaxy S5 (5,1), Huawei Ascend P7 (5,0), Microsoft (Nokia) Lumia 930 (5,0), OnePlus One (5,5), Motorola Moto X2 (5,2). Fast schon zurückhaltend: Apple mit dem inzwischen 4,7 Zoll großen iPhone 6.

Mit dem iPhone 6 Plus hat Apple ein eigenes Phablet im Programm, das 5,5 Zoll misst. Ähnlich groß ist Samsungs Vorzeigemodell Galaxy Note, das mittlerweile in der vierten Generation vorliegt und reißenden Absatz verzeichnet. Der Erfolg blieb bei den Apples, Sony und HTCs nicht unbeobachtet und so zogen sie nach. Erste Parodien ließen nicht lange auf sich warten:

Doch selbst Einstiegsgeräte und “Mini”-Versionen von Smartphones werden heute praktisch nicht mehr unter 4,5 Zoll aufgelegt. Wer von der Natur mit echten Pranken ausgestattet ist, kann das vielleicht gerade noch mit einer Hand bedienen.

Noch, denn der Trend ist unverkennbar: Selbst “Mini”-Geräte wie das Sony Xperia Z1 Compact (4,3 Zoll) werden im nächsten Schritt meist etwas größer: Sony stattete den Nachfolger Xperia Z3 Compact gleich mit einem 4,6-Zoll-Display aus. Es ist eine Frage von Definition und Vermarktung, aber wenn sich alles ab 4,5 Zoll nur noch mit zwei Händen bedienen lässt, dann haben wir schon jetzt eigentlich nur noch Tablets im Mini- und Maxiformat, keine Smartphones mehr.

Google unterstützt diese Entwicklung aktiv: Im neuen Android 5.0 Lollipop soll die Designsprache Material Design keinen Unterschied mehr zwischen Tablets und Smartphones machen. Und um das zu unterstreichen, fand man mit dem neuen Nexus 6 (6,0 Zoll) praktisch die Mitte zwischen dem 5,0-Zoll-Smartphone Nexus 5 und dem 7,0-Zoll-Tablet Nexus 7 aus dem vergangenen Jahr, die beide nicht mehr neu aufgelegt wurden. Motto: Eins reicht ja auch.

Microsoft schlägt mit Windows 10 in eine ähnliche Kerbe: Egal ob Tablet oder Smartphone, das System darauf soll künftig “Windows” heißen. Zumindest der Name “Windows Phone” solle verschwinden. Googles und Microsofts ähnliche Absicht: Entwickler müssten Apps nur noch einmal programmieren und hierbei nur noch skalierende Größen zur Verfügung stellen.

Für die Hersteller ist das nachvollziehbar: Gerade Riesen-Smartphones, Phablets, Mini-Tablets oder wie immer man sie nennen mag verkaufen sich schon jetzt besser. Findige Kunden haben erkannt, dass sie nur noch eins statt zwei Geräte kaufen müssen, wenn sie einfach einen Weg in der Mitte wählen. Die Wachstumszahlen von Tablets sahen zuletzt laut einschlägiger Marktforscher nicht mehr so rosig aus und selbst Apple verlor in seinem jüngsten Quartalsergebnis erneut bei den iPads – was mit dazu beigetragen haben könnte, mit dem iPhone 6 Plus nun ebenfalls die “Phablet”-Nische zu betreten. Ein Segen ist das auch für die Software-Anbieter, egal ob bei Betriebssystemen oder Apps: eins statt zwei reduziert den Aufwand.

Von daher also nachvollziehbar und eigentlich auch überfällig: Künftig gibt es keine Smartphones, Phablets und Tablets mehr. Es gibt nur noch eine Kategorie – wie immer man sie dann auch nennen mag. Und die Vorteile liegen zum Beispiel in größeren Displays, auf denen es – logisch – mehr zu sehen gibt, mit denen man aber auch leichter tippen kann, weil man die einzelnen Zeichen der virtuellen Tastatur auch mit Wurstfingern besser trifft. Um nur einige Vorteile zu nennen.

Und natürlich erhoffen die Hersteller sich auch Wachstum durch Smartwatches. Ihr Wunsch ist ohnehin, dass Kunden ihr Smartphone oder Tablet öfter in der Tasche lassen und sich über Neuigkeiten auf dem Handgelenk informieren. Zum Zweitgerät würde dann die Uhr werden.

Alle also zufrieden, alles gut? Nein, nicht ganz. Denn “Einhand-Smartphones” hatten durchaus ihre Vorteile und deswegen viele Fans. Dass man ein solches Gerät auch mit einer Hand bedienen kann, ist ein Pluspunkt. Ein weiterer ist, dass man es problemlos in der Hosentasche verschwinden lassen und unauffällig benutzen kann. Ich sage nicht, dass jeder ein kleines Smartphone benutzen sollte. Aber dass die Hersteller sich von dieser Kategorie beinahe kollektiv verabschieden, lässt Abermillionen Nutzer enttäuscht zurück. Schade.


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